dpa (Sandra
Trauner), 26.2.2002
Veranstaltung im Kochstudio
Dirk Bach liest Kafkas "Hungerküstler"
Frankfurt/Wuppertal
(rpo). Comedy-Star Dirk Bach, selbst eher wohlbeleibt, gab am Montagabend
den Asketen: Im Maggi-Kochstudio in Frankfurt las er Franz Kafkas Erzählung
"Der Hungerkünstler".
Ausgedacht haben sich die Kafka-Lesereihe zwei Wuppertaler Literaturwissenschaftler,
Hans-Gerd Koch und Christian Watty. Hauptberuflich arbeiten sie an der
Kritischen Kafka-Ausgabe, in ihrer Freizeit geben sie prominenten Schauspielern
Kafka-Texte in die Hand und platzieren sie damit seit Oktober letzten
Jahres in ungewöhnlichen Umgebungen: Mario Adorf trug in einem Frankfurter
Gefängnis Teile der "Strafkolonie" vor, Hanna Schygulla
las im Hamburger Tierpark den Affen aus dem "Bericht für eine
Akademie", Katharina Thalbach rezitierte im Berliner Kammergericht
Teile des "Proceß". Bereits gebucht sind Ben Becker und
David Bennent.
Am Montag
also Dirk Bach als "Hungerkünstler" im Kochstudio. Eine
Kombination, die, wie Mitveranstalter Hans-Gerd Koch zugibt, "nicht
frei von Paradoxien ist, die Kafka sicher gefallen hätten".
Bach (38) liest: Über den Papieren das kugelrunde Gesicht halslos
auf den Schultern, darunter der immense Bauch zwischen T-Shirt und Jeans,
schildert er das Hungern als Kunst, als inneren Zwang, als Lebensaufgabe.
In Kafkas Erzählung fastet sich der Hungerkünstler ohne Publikum
in den glücklichen Tod. Im Kochstudio signiert Bach Suppentüten
für Fans und spendet sein Honorar für die Frankfurter Tafel,
eine Obdachlosen-Hilfsorganisation.
Kafka schrieb
die Erzählung 1922, nachdem sich der untergewichtige Autor wieder
einmal durch eine Mastkur gequält hatte. Koch und Watty wollen mit
der Reihe genau das Gegenteil dessen erreichen, was normalerweise vom
Lesen erwartet wird: "Wir wollen den Leuten ihre Fantasien nehmen",
sagt Watty. In den Köpfen vieler Nicht-Leser spuke Kafka als ein
düsterer, deprimierter Mensch herum, der mit eingezogenem Kopf im
Regen durch Prag schleiche, mit seinem Vater hadere und dessen Texte kein
Mensch verstehe. Durch die ungewöhnliche Kombinationen von Text,
Ort und Vorleser wollen Koch und Watty Kafkas negatives Image knacken.
So blickt
der Autor auch auf der Internet-Homepage der Reihe, "www.kafkaerlesen.de",
lächelnd und schelmisch unter einem Strohhut hervor und blinzelt
mit einem Auge. Dort wird als Ergänzung zu "Kafka: erLesen!"
bereits "Kafka: erHören!" angekündigt. Geplant sind
bislang zwei Schuber mit je vier CDs, auf denen die Schauspieler der Lesereihe
mit den von ihren ausgewählten Texten verewigt sind. Die Lesungen
sind im Studio aufgenommen und nicht live mitgeschnitten.
Auch Bach
will den "Hungerkünstler" einspielen. Auf dem Fernsehbildschirm
ist er zur Zeit nicht zu sehen. Seine Solo-Show "Studio Bach"
hat das ZDF nach nur einer Folge aus dem Programm genommen. "Wir
arbeiten zusammen mit Herrn Bach an einer neuen Sitcom, die wieder mehr
in Richtung "Lukas" gehen soll", heißt es aus Mainz.
"Lukas", eine Sitcom über einen allein erziehenden Vater,
lief im ZDF jahrelang mit großem Erfolg.
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